Lifestyle / Kultur
20 Januar 2021

„Nachhaltige Immobilien zahlen sich aus“ – Interview mit Christian Bongartz

Christian Bongartz ist seit Anfang 2020 als Leiter des Risikomanagement und der Buchhaltung für Jamestown tätig und seitdem auch Compliance Officer des Unternehmens. Zuvor hat er knapp 12 Jahre für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY gearbeitet und war dort mit der Prüfung und Beratung von Kapitalverwaltungsgesellschaften, Banken und anderen Finanzdienstleistern betraut. Er ist Mitglied des Ausschusses „Nachhaltigkeit bei Immobilienfonds“ beim BVI und verfolgt dort für Jamestown die aktuellen Entwicklungen und Anforderungen im Bereich ESG.

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Wer Geld anlegt, erhofft sich eine möglichst gute Rendite. Das ist selbstverständlich. Immer mehr Anleger wollen gleichzeitig aber auch nachhaltig investieren. Ökologische und soziale Aspekte spielen für sie eine zunehmend wichtige Rolle – auch bei der Immobilienanlage.

Im Interview erklärt Christian Bongartz, Leiter des Risikomanagements bei Jamestown, was eine Immobilie nachhaltig macht, welche Kriterien beim Ankauf eine Rolle spielen und warum sich gute Rendite und Nachhaltigkeit nicht ausschließen.

Was zeichnet nachhaltige Immobilien Ihrer Meinung nach aus?

Zum einen gibt es da die offensichtlichen ökologischen Aspekte wie das Energiemanagement beziehungsweise die Optimierung von Verbrauchs- und Emissionswerten. Zum anderen umfasst Nachhaltigkeit bei Immobilien viele weitere Teilbereiche, insbesondere die soziale Komponente. Dazu zählt auch die Frage, ob die Menschen sich im Gebäude wohlfühlen: Ist das Raumklima angenehm? Wie steht es um den Geräuschpegel? Ist die Arbeitssicherheit gewährleistet? Noch einen Schritt weitergedacht, umfasst Nachhaltigkeit von Gebäuden auch Themen wie Gleichberechtigung und Diversität. Da spielt natürlich auch die Frage rein, wie Mieter und Dienstleister diese Themen als Arbeitgeber umsetzen.

Nachhaltigkeit wird heute meist mit dem Drei-Säulen-Modell in Verbindung gebracht. Wie werden die drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales konkret in den Jamestown-Immobilien berücksichtigt?

Unter Ökonomie oder Governance verstehen wir in erster Linie, dass wir alle unsere Nachhaltigkeitsziele anhand einer langfristigen und umfassenden Planung erreichen. Dazu nehmen wir an einer Vielzahl freiwilliger Programme wie der Global Real Estate Sustainability Benchmark (GRESB) und den United Nations Principles for Responsible Investment teil. Darüber hinaus hat Jamestown intern das Diversity, Equity and Inclusion Committee (DEI) ins Leben gerufen. Ziel des Komitees ist es, unsere Maßnahmen in puncto Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion besser global koordinieren zu können.

Wie sieht es mit der Säule „Ökologie“ aus?

Im Bereich Ökologie überwachen und optimieren wir fortlaufend die Energieverbrauchswerte unserer Immobilien. Wichtig dabei ist uns, dass wir die Anforderungen der großen anerkannten Zertifikate wie ENERGY STAR, LEED oder BREEAM stets erfüllen oder übertreffen. Im Rahmen unserer „Jamestown Green“-Initiative haben wir uns außerdem das Ziel gesetzt, von 2014 bis 2030 die Energiekosten unseres Immobilienportfolios um 50 Prozent zu senken. Neben großen Projekten wie der umfassenden Installation von Solaranlagen wurden auch schon vielfältige Maßnahmen wie die Bereitstellung von Leihfahrrädern und die Installation von Bienenstöcken auf den Dächern unserer Immobilien umgesetzt.

Und die dritte Säule „Soziales“?

Die Säule „Soziales“ berücksichtigen wir beispielsweise im Rahmen unserer Jamestown Charitable Foundation. Ziel der 2012 gegründeten Stiftung ist es, die Lebensqualität, die unsere Immobilien und die jeweiligen Städte bieten, weiter zu verbessern. Das erreichen wir durch Investitionen in Nonprofit-Organisationen mit dem Fokus auf ein lokales Nahrungsmittelangebot und alternative Transportmittel sowie Parks und Grünflächen. Zusätzlich finden in unseren Immobilien regelmäßig Events wie Schulungsmaßnahmen, Buchlesungen oder Sportkurse statt, um das Gemeinschaftsgefühl der Community zu stärken.

Wie prüfen Sie die Nachhaltigkeit der Immobilien, die für die Jamestown-Fonds ausgewählt werden?

Für alle potenziellen Investitionsobjekte führen wir eine Klimarisikoanalyse durch, die alle wesentlichen Anforderungen der geläufigen Nachhaltigkeitszertifikate umfasst. Zusätzlich identifizieren wir anhand einer Nachhaltigkeitscheckliste Möglichkeiten und Handlungsempfehlungen, die als Basis dafür dienen, die Nachhaltigkeit des Gebäudes nach dem Ankauf noch weiter zu steigern.

Was ist Ihrer Meinung nach dran an dem Vorurteil, dass nachhaltige Investments weniger Rendite erzielen als traditionelle Anlageformen?

Aktuelle Studien zeigen, dass nachhaltige Investments keine Renditenachteile im Vergleich zu traditionellen Anlagen aufweisen. Im Gegenteil: Einige erzielen sogar eine bessere Performance als ihre klassischen Pendants. Damit einhergehend ist auch zu beobachten, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Investments stark steigt. So betrug der Anteil von nachhaltigen Fonds gemessen am gesamten Fondsvermögen in Deutschland im Jahr 2016 rund 30 Prozent, während er in diesem Jahr schon bei über 50 Prozent liegt. Mittlerweile gibt es in Deutschland rund 500 Fonds, die sich als nachhaltig bezeichnen. Bisher existieren allerdings keine festgelegten Kriterien, die ein Fonds erfüllen muss, um sich nachhaltig nennen zu dürfen. Diese Standards werden derzeit von den nationalen Aufsichtsbehörden gemäß den Vorgaben der EU erarbeitet. Wir von Jamestown begrüßen das sehr.

Sie sprechen von dem Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums der EU?

Genau. Der Aktionsplan wurde im März 2018 von der Europäischen Kommission beschlossen. Hauptziel ist es, private Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen umzulenken, damit das Pariser Klimaschutzabkommen eingehalten und die UN-Nachhaltigkeitsziele erreicht werden können. Die nationale Umsetzung des Aktionsplans findet aktuell durch die BaFin in enger Abstimmung mit Verbänden wie dem deutschen Fondsverband BVI statt. Jamestown ist in den entsprechenden Arbeitskreisen und dem vom BVI neu gegründeten Ausschuss Nachhaltigkeit aktiv. Einerseits sind wir so immer umfassend über den neusten Stand der Umsetzung informiert. Andererseits können wir durch unser Engagement gestaltend mitwirken. Erste Offenlegungsanforderungen zur Behandlung verschiedener Nachhaltigkeitskriterien treten übrigens bereits 2021 in Kraft.

Wie gut ist Jamestown aktuell auf die neuen Nachhaltigkeitsvorgaben der EU vorbereitet?

Unsere Immobilien erfüllen bereits jetzt sehr hohe Nachhaltigkeitsstandards und können eine Vielzahl von Zertifikaten in diesem Bereich vorweisen. Zusätzlich haben wir uns in Analogie zum Aktionsplan der EU kurz-, mittel- und langfristige Ziele gesetzt, damit unser Immobilienportfolio bis zum Jahr 2050 vollständig klimaneutral ist. Eine sehr detaillierte Übersicht der bereits umgesetzten Maßnahmen und festgelegten Ziele kann man unserem jährlichen Sustainability and Social Responsibility Report entnehmen. Darin wird deutlich, dass wir auf die künftigen Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit gut vorbereitet sind.

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